Das Buch der Geister

Allan Kardec

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Wir würden über den Einwand mancher Skeptiker, der sich auf die von manchen Geistern begangenen Fehler in der Orthographie bezieht, ohne weiteres zur Tagesordnung übergehen, wenn derselbe nicht den Anlass zu einer wichtigen Bemerkung gäbe. Ihre Orthographie ist allerdings, wie man einräumen muss, nicht immer tadellos; es würde aber einen Mangel an Überlegung bezeichnen, wollte man diese Tatsache zum Gegenstand einer ernstgemeinten Kritik machen und den Schluss ziehen, die Geister müssten, da sie ja alles wissen, auch die Orthographie beherrschen. Da könnten wir zuerst die zahlreichen orthographischen Verstöße entgegenhalten, die mehr als ein irdischer Gelehrter begeht, ohne dass dies irgendwie seinen Verdienst schmälert. Es drängt sich uns hier noch eine weit wichtigere Frage auf. Für Geister, namentlich für höhere Geister, ist die Idee alles, die Form nichts. Befreit von der Materie, wie sie sind, ist ihr gegenseitiges Sprechen blitzschnell wie der Gedanke: ihnen teilt sich eben der Gedanke selbst ohne Vermittlung mit; es muss ihnen also übel zu Mute sein, wenn sie, um sich uns mitzuteilen, genötigt sind, sich der langen, umständlichen Formen der menschlichen Sprechweise zu bedienen und dabei das Unzureichende und Unvollkommene dieser Sprache zum Ausdruck aller ihrer Ideen bringen. Dies sagen sie selbst; und so ist es denn merkwürdig, die Mittel zu sehen, die sie nicht selten in Anwendung bringen, um diesen Nachteil wenigstens abzuschwächen. Ganz dasselbe würde mit uns der Fall sein, wenn wir uns in einer Sprache ausdrücken müssten, die in Worten und Wendungen weitschweifiger, dagegen in ihren Ausdrücken ärmer wäre, als die, deren wir uns für gewöhnlich bedienen. Dasselbe Unbehagen empfindet der geniale Mensch, wenn er über die Langsamkeit seiner Feder ungeduldig ist, die stets hinter seinem Gedanken zurückbleibt. Hiernach ist es begreiflich, dass die Geister auf die Kinderei der Orthographie wenig Wert legen, wenn es sich namentlich um ernste und wichtige Belehrungen handelt; ist es nicht schon merkwürdig genug, dass sie sich unterschiedslos in allen Sprachen ausdrücken und alle verstehen? Indessen darf man hieraus nicht schließen, dass die herkömmliche sprachliche Korrektheit ihnen unbekannt ist; sie beobachten sie, wenn es nötig ist; Gedichte z. B. die von ihnen diktiert werden, nehmen es oft mit der Kritik des heikelsten Puristen mutig auf, trotz der Unwissenheit des Mediums.