Das Buch der Geister

Allan Kardec

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Notwediges und Überflüssiges

715. Wie kann der Mensch die Grenze des Notwendigen erkennen?
„Der Weise erkennt sie intuitiv. Viele erkennen sie durch ihre Erfahrung und auf ihre eigenen Kosten.“



716. Hat nicht die Natur durch unsere physische Veranlagung selbst die Grenzen für unsere Bedürfnisse gezogen?
„Ja, aber der Mensch ist unersättlich. Die Natur hat die Grenzen der Bedürfnisse durch die physische Veranlagung gezogen, aber die Laster haben seine Leibesbeschaffenheit gefälscht und verändert und ihm Bedürfnisse geschaffen, die keine tatsächlichen mehr sind.“


717. Was ist von denen zu halten, die die Güter der Erde an sich reißen, um sich Überflüssiges auf Kosten derer zu verschaffen, die am Notwendigen Mangel leiden?
„Sie verkennen Gottes Gesetz und werden die Entbehrungen, die sie verursachten, zu verantworten haben.“


Die Grenze zwischen Notwendigem und Überflüssigem ist keine unverrückbare. Die Zivilisation schuf Notwendigkeiten, welche der wilde Zustand nicht kennt und die Geister, die obige Vorschriften diktierten, behaupten nicht, dass der Zivilisierte leben soll wie der Wilde. Alles ist je nach Verhältnis: das Geschäft der Vernunft ist es, jedem Ding seinen Platz anzuweisen. Die Zivilisation entwickelt den moralischen Sinn und zugleich das Gefühl der Nächstenliebe, das die Menschen antreibt, sich gegenseitig zu unterstützen. Wer auf Kosten der Entbehrungen anderer die Wohltaten der Zivilisation für sich selbst ausbeutet, hat von der Zivilisation nur den Firnis, sowie gewisse Leute von der Religion nur den Schein.