Das Buch der Geister

Allan Kardec

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Ehe und Zölibat

695. Widerspricht die Ehe, d.h., die bleibende Vereinigung zweier Wesen dem Gesetz der Natur?
„Sie ist ein Fortschritt im Ganzen der Menschheit.“


696. Was für eine Wirkung würde die Abschaffung der Ehe auf die menschliche Gesellschaft ausüben?
„Die Rückkehr zum Leben der Tiere.“ Die freie und zufällige Vereinigung der Geschlechter ist der Zustand der Natur. Die Ehe ist einer der ersten Fortschritte in der menschlichen Gesellschaft, weil sie die wechselseitige brüderliche Verpflichtung einführt und sich bei allen Völkern findet, wenn auch unter mannigfachen Bedingungen. Die Abschaffung der Ehe wäre daher eine Rückkehr zur Kindheit der Menschheit und würde den Menschen sogar tiefer als gewisse Tiere stellen, die ihm das Beispiel bleibender Vereinigung bieten.


697. Liegt die unbedingte Unauflöslichkeit der Ehe im Gesetz der Natur oder nur im menschlichen Gesetz?
„Sie ist ein dem Naturgesetz höchst widersprechendes menschliches Gesetz. Die Menschen können aber ihre Gesetze ändern: nur die Naturgesetze sind unveränderlich.“


698. Ist die freiwillige Enthaltung von der Ehe ein in den Augen Gottes verdienstlicher, vollkommenerer Zustand?
„Nein, und die, welche aus Egoismus so leben, missfallen Gott und betrügen jedermann.“


699. Ist die Ehelosigkeit nicht bei gewissen Personen ein Opfer, das sie dem wirksamen Dienst der Menschheit bringen?
„Das ist etwas ganz anderes. Ich sagte `aus Egoismus´. Jedes persönliche Opfer ist verdienstlich, wenn es um des Guten willen geschieht. Je größer das Opfer, desto größer das Verdienst.“



Gott kann sich nicht widersprechen, noch das, was er getan hat schlecht finden. Er kann also in der Verletzung seines Gesetzes nichts verdienstliches finden. Wenn aber die Ehelosigkeit an und für sich kein verdienstlicher Stand ist, so verhält es sich anders, wenn sie durch den Verzicht auf die Freuden der Familie zu einem zum Nutzen der Menschheit gebrachten Opfer wird. Jedes dem Guten gebrachte persönliche Opfer, wenn es ohne eigennützigen Hintergedanken geschieht, erhebt den Menschen hoch über sein nur sinnliches Dasein.