Das Buch der Geister

Allan Kardec

Zurück zum Menü
605. Wenn man alle Berührungspunkte zwischen dem Menschen und den Tieren in Betracht zieht, könnte man nicht meinen, der Mensch besitze zwei Seelen. Eine Tierseele und eine Geistseele und dass, wenn er die letztere nicht hätte, er wie ein Tier leben könnte? Mit anderen Worten, dass das Tier ein dem Menschen ähnliches Wesen sei, die Geistseele ausgenommen? Es würde daraus folgen, dass die guten und die bösen Instinkte die Wirkung des Vorherrschens der einen oder der anderen dieser beiden Seelen wäre.
„Nein, der Mensch hat nicht zwei Seelen; aber der Leib hat seine Instinkte, die die Folge der Empfindungen der Organe sind. Es gibt in ihm nur eine doppelte Natur: die Tierische und die Geistige. Durch seinen Leib nimmt er teil an der Natur der Tiere und ihren Instinkten, durch seine Seele an derjenigen der Geister.“


605a. So hat er, abgesehen von den eigenen Unvollkommenheiten, deren der Geist sich entledigen soll, auch noch gegen den Einfluss des Stoffes zu kämpfen?
„Ja, je niedriger er ist, desto enger sind die Bande zwischen Geist und Stoff geknüpft. Seht ihr es denn nicht? Der Mensch hat nicht zwei Seelen: Die Seele ist stets nur eine in einem Wesen. Tier – und Menschen – Seele unterscheiden sich so, dass die eine nicht einen für die andere geschaffenen Leib beseelen könnte. Hat aber der Mensch auch nicht eine Tierseele, die ihn durch ihre Leidenschaften den Tieren gleichstellt, so hat er doch seinen Leib, der ihn zuweilen bis auf ihre Stufe herabdrückt. Denn sein Leib ist ein mit Lebenskraft begabtes Wesen, welches Instinkte besitzt, die aber blind sind und sich auf seine Erhaltung beschränken.“


Indem sich der Geist in den Menschenleib inkarniert, teilt er ihm das Prinzip der Intelligenz und der Moral mit, das ihn über die Tiere erhebt. Diese beiden im Menschen liegenden Naturen geben seinen Leidenschaften zwei verschiedene Quellen: die einen stammen aus den Instinkten seiner tierischen Natur, die anderen aus der Unreinheit des Geistes, dessen Inkarnation er ist und der mehr oder weniger mit den grob tierischen Trieben sympathisiert. Indem sich der Geist reinigt, befreit er sich nach und nach vom Einfluss des Stoffes. Unter des Stoffes Einfluss nähert er sich dem Tier, befreit von diesem Einfluss erhebt er sich zu seiner wahren Bestimmung.