Das Buch der Geister

Allan Kardec

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Entstehung der lebendigen Wesen


43. Wann begann die Erde bewohnt zu werden? „Am Anfang war alles Chaos, die Elemente waren durcheinander gewirrt, nach und nach nahm jedes seine Stelle ein, dann traten die für den Zustand des Erdballs geeigneten lebendigen Wesen auf.“

44. Woher kamen die lebendigen Wesen auf die Erde?
„Die Erde barg in ihrem Schoß deren Keime und diese erwarteten den günstigen Augenblick, um sich zu entwickeln. Die organischen Grundkräfte taten sich zusammen, sobald die Kraft, welche sie auseinanderhielt, zurücktrat und bildeten so die Keime aller lebendigen Wesen. Die Keime blieben zunächst in einem latenten und trägen Zustand wie die Puppe und die Samenkörner, bis zu der Zeit, welche der Entstehung und Entwicklung jeder Gattung günstig war. Dann taten sich die Wesen jeder Gattung zusammen und vermehrten sich.“

45. Wo waren die organischen Elemente vor der Entstehung der Erde ?
„Sie befanden sich, sozusagen, im Zustand eines Fluidums im Weltraum, inmitten der Geister oder auf anderen Planeten, harrend auf die Schöpfung der Erde, um auf einem neuen Weltkörper ein neues Dasein zu beginnen.“

Die Chemie zeigt uns wie die Moleküle der unorganischen Körper sich vereinigen und Kristalle von konstanter Regelmäßigkeit bilden nach Gattung und Art, sobald die nötigen Bedingungen vorhanden sind. Die geringste Störung dieser letzteren genügt, um die Verbindung der Elemente oder wenigstens die regelmäßige Lage zu verhindern, die zu einem Kristall gehört. Warum sollte es mit den organischen Elementen nicht ebenso sein ? Wir bewahren jahrelang Samen von Pflanzen und Tieren auf, die sich nur bei einer bestimmten Temperatur und in günstiger Umgebung entwickeln; man sah Getreidekörner noch nach mehreren Jahrhunderten aufkeimen. Es liegt also in diesem Samen ein latentes (verborgenes) Lebensprinzip, welches zu seiner Entwicklung nur die günstige Gelegenheit erwartet. Was täglich vor unseren Augen geschieht, sollte das nicht schon von Anbeginn unserer Erde so gewesen sein? Sollte diese Bildung der aus dem Chaos hervorgehenden lebendigen Wesen durch die Kraft der Natur selbst etwas an der Größe Gottes ändern? Davon weit entfernt entspricht dieselbe besser unserer Vorstellung von seiner Macht, welche ungezählte Welten nach ewigen Gesetzen waltet. Diese Theorie löst allerdings die Frage nach dem Ursprung der Lebenselemente nicht, aber Gott hat eben seine Geheimnisse und hat unserem Forschen seine Grenzen gesetzt.

46. Gibt es jetzt noch Wesen, welche von selbst entstehen?
„Ja, aber der ursprüngliche Keim existierte schon im latenten Zustand. Ihr seid täglich Zeugen dieser Erscheinung. Enthalten die Gewebe des Menschen und der Tiere nicht die Keime einer Menge von Würmern, die zu ihrer Entstehung nur die zu ihrer Existenz notwendige faule Gärung abwarten? Das ist eine kleine schlummernde und sich selbst schaffende Welt.“

47. Befand sich das Menschengeschlecht unter den im Erdball enthaltenen organischen Elementen?
„Ja, und es ist aufgetreten zu seiner Zeit. Darum heißt es, der Mensch sei aus dem Lehm der Erde gebildet worden.“

48. Können wir den Zeitpunkt des Erscheinens des Menschen und der anderen lebendigen Wesen auf der Erde erkennen?
„Nein, alle neuen Berechnungen sind Wahngebilde.“

49. Wenn der Keim des Menschengeschlechts sich unter den organischen Elementen der Erde befand, warum sollten sich dann nicht auch von selbst Menschen bilden wie am Anfang?
„Der Urgrund der Dinge gehört zu den Geheimnissen Gottes. Indessen kann man sagen, dass die Menschen, nachdem sie einmal über die Erde verbreitet waren, die zu ihrer Entstehung notwendigen Elemente in sich aufgenommen haben, um sie nach den Gesetzen der Fortpflanzung weiter zu verbreiten. So verhält es sich auch mit den verschiedenen Gattungen der lebendigen Wesen.“