Das Buch der Geister

Allan Kardec

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685. Hat der Mensch in seinem Alter ein Recht auf Ruhe?
„Ja, er ist nur nach Maßgabe seiner Kräfte verpflichtet.“


685a. Aber welche Hilfsmittel besitzt der Greis, der arbeiten muss, um zu leben und es doch nicht kann?
„Der Starke soll arbeiten für die Schwachen. Hat er keine Familie, so soll die Gesellschaft für dieselbe eintreten: Das ist das Gesetz der Nächstenliebe.“


Es genügt nicht, dem Menschen zu sagen: er müsse arbeiten, es ist auch notwendig, dass der, dessen Dasein von seiner Arbeit abhängt, solche findet, und dies ist nicht immer der Fall. Wenn eine Arbeitseinstellung sich verbreitet, so nimmt sie gleich einer Teuerung die Verhältnisse einer Pest an. Die Nationalökonomie sucht das Mittel dagegen in dem Gleichgewicht zwischen der Erzeugung und dem Verbrauch. Dieses Gleichgewicht, – seine Möglichkeit überhaupt vorausgesetzt – setzt immer von Zeit zu Zeit aus und während dieser Zeiten muss der Arbeiter dennoch gelebt haben. Es gibt ein Moment, das man nicht hinlänglich in Rechnung bringt, und ohne welches die Nationalökonomie eine bloße Theorie bleibt, nämlich die Erziehung: nicht die intellektuelle, sondern die moralische Erziehung; auch nicht bloß die moralische Erziehung durch Bücher, sondern die, welche in der Charakterbildung besteht, welche Gewohnheiten schafft; denn die Erziehung als Resultat ist die Gesamtheit der erworbenen Gewohnheiten. Wenn man die Masse der täglich in den Strom der Bevölkerung hineingeworfenen Individuen bedenkt, welche ohne Grundsätze, ohne Zügel, ihren eigenen Trieben folgend dahinleben, darf man sich dann wundern über die unseligen Folgen? Wenn einmal jene Kunst erkannt, verstanden und geübt sein wird, dann wird der Mensch Gewohnheiten der Ordnung und Voraussicht für sich und die seinen, der Achtung vor dem Achtungswerten mit sich in die Welt nehmen, Gewohnheiten, die ihm gestatten werden, seine schlimmen Tage auf weniger peinliche Weise zuzubringen. Mangel an Ordnung und an Blick in die Zukunft sind zwei Wunden, die eine wohlverstandene Erziehung allein heilen kann. Hier liegt der Ausgangspunkt, die Grundbedingung des Wohlstandes und das Unterpfand der Sicherheit für alle.