DAS EVANGELIUM AUS DER SICHT DES SPIRITISMUS

Allan Kardec

Zurück zum Menü
5. Der Spiritist hat noch weitere Gründe, seinen Feinden gegenüber nachsichtig zu sein. Er weiß vor allem, dass die Bosheit kein dauerhafter Zustand des Menschen ist; dass sie die Folge einer vorübergehenden Unvollkommenheit ist; und dass - ebenso wie ein Kind seine Fehler verbessert - der böse Mensch eines Tages seine Fehler erkennen und sich in einen guten verwandeln wird.


Er weiß außerdem, dass der Tod ihn nur von der körperlichen Gegenwart des Feindes befreien kann, dass dieser ihn aber mit seinem Hass verfolgen kann, sogar nachdem er die Erde verlassen hat; folglich wird die Rache ihr Ziel nicht erreichen, im Gegenteil, sie ruft noch eine größere Verärgerung hervor, die sich von einer Existenz in die andere fortsetzen kann.


Es obliegt dem Spiritismus zu beweisen, durch die Erfahrung und das Gesetz, welches die Beziehung der sichtbaren mit der unsichtbaren Welt regelt, dass der Ausspruch: den Hass mit dem Blut auslöschen vollkommen falsch ist, denn die Wahrheit ist, dass das Blut den Hass sogar jenseits des Grabes aufrechterhält. Es obliegt dem Spiritismus, einen wirksamen Grund und einen praktischen Nutzen der Vergebung und des erhabenen Grundsatzes Christi zu geben: Liebt eure Feinde. Es gibt kein so böses Herz, das von gutem Verhalten nicht berührt würde, selbst unbewusst. Durch gutes Verhalten entkräftet man wenigstens den Vorwand der Vergeltung; aus einem Feind kann man sich einen Freund machen, vor und nach seinem Tod. Durch böses Verhalten verärgert man den Feind, daraus folgt, dass er dann sogar als Werkzeug der Gerechtigkeit Gottes dient, um denjenigen zu bestrafen, der nicht verzeihen konnte.