DAS EVANGELIUM AUS DER SICHT DES SPIRITISMUS

Allan Kardec

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KAPITEL XIX
Der Glaube versetzt Berge

• Die Kraft des Glaubens • Der religiöse Glauben • Bedingungen des unerschütterlichen Glaubens • Das Gleichnis vom verdorrten Feigenbaum • Unterweisungen der geistigen Welt: Der Glaube: Vater der Hoffnung und Nächstenliebe; Der göttliche und der menschliche Glaube.

Die Kraft des Glaubens

1. Als Er zur Volksmenge kam, näherte sich Ihm ein Mann, der sich vor Ihm auf die Knie warf, und sagte: „Herr, erbarme dich meines Sohnes, denn er ist Epileptiker und leidet sehr darunter; er fällt oft ins Feuer und oft ins Wasser. Ich habe ihn zu Deinen Jüngern gebracht, aber sie konnten ihn nicht heilen.“ – Und Jesus antwortete, indem Er sagte: Oh! Du ungläubiges und verkehrtes Geschlecht, wie lang muss ich noch bei euch sein? Wie lang muss ich euch noch erdulden? Bringt mir dieses Kind her. Und als Jesus dem Dämon drohte, verließ dieser den kleinen Jungen und dieser war im selben Augenblick geheilt.

Daraufhin traten die Jünger etwas abseits zu Jesus und fragten Ihn: „Warum konnten wir diesen Dämon nicht austreiben?“ – Jesus antwortete ihnen: „Wegen eurer Ungläubigkeit. Denn wahrlich ich sage euch, wenn ihr einen Glauben hättet, nur so groß wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Berg sagen: ‚Heb dich hinweg, dorthin, und er würde sich hinweg heben, und nichts wäre euch unmöglich‘.“ (Matthäus, Kap. XVII, 14-20)

2. Im eigentlichen Sinn ist es wahr, dass das Vertrauen in die eigenen Kräfte einen befähigt, materielle Dinge zu bewirken, die man nicht tun könnte, wenn man an sich zweifelte; aber hier darf man diese Worte nur im moralischen Sinn verstehen. Die Berge, die der Glaube versetzt, sind die Schwierigkeiten, kurz gesagt, die Böswilligkeit, die Widerstände, die man bei den Menschen antrifft, selbst wenn es um das Beste geht. Die Vorurteile der Routine, die materiellen Interessen, der Egoismus, die Blindheit des Fanatismus, die stolzen Leidenschaften sind ebenso Berge, die den Weg demjenigen versperren, der für den Fortschritt der Menschheit arbeitet. Der starke Glaube gibt die Beharrlichkeit, die Energie und die Mittel, die die Hindernisse zu überwinden helfen, sowohl bei kleinen, als auch bei großen Dingen. Der wankende Glaube ist es, der die Ungewissheit, das Zögern verursacht, wovon jene profitieren, die man bekämpfen will. Dieser wankende Glaube sucht schon deshalb nicht die Mittel des Sieges, weil er nicht daran glaubt, siegen zu können.

3. In einer anderen Bedeutung versteht man unter „Glaube“ das Vertrauen, das man in die Erfüllung einer Angelegenheit hat, die Gewissheit ein Ziel zu erreichen. Der Glaube gibt eine Art Erleuchtung, die einen in Gedanken das Ziel, nach dem man strebt, und ebenso die Mittel, um dieses zu erreichen, auf solche Weise erkennen lässt, dass derjenige, der ihn besitzt, mit sicherem Schritt voranschreitet. In dem einen, wie dem andern Fall kann er große Dinge verwirklichen.

Der aufrichtige und wahre Glaube ist immer ruhig. Er verschafft die Geduld, die warten kann, weil er sich auf die Intelligenz und das Verständnis der Dinge stützt, und weil er die Sicherheit hat, sein Ziel zu erreichen. Der zweifelnde Glaube spürt seine eigene Schwäche; und wenn er durch Eigeninteresse stimuliert wird, so wird er wütend und glaubt, die Stärke durch Gewalt ersetzen zu können. Bei einem Streit die Ruhe zu bewahren, ist immer ein Zeichen der Stärke und des Vertrauens; während die Gewalttätigkeit im Gegenteil ein Beweis für Schwäche und Zweifel an sich selbst ist.

4. Man muss sich davor hüten, Glaube mit Überheblichkeit zu verwechseln. Der wahre Glaube verbindet sich mit der Demut. Derjenige, der ihn besitzt, setzt sein Vertrauen mehr auf Gott als auf sich selbst, weil er weiß, dass er ein einfaches Instrument von Gottes Willen ist und ohne IHN nichts kann; deshalb kommen die guten Geister ihm zu Hilfe. Die Überheblichkeit ist weniger Glaube als Hochmut, und Hochmut wird früher oder später immer durch Enttäuschung und die Misserfolge bestraft, die ihm zugefügt werden.

5. Die Kraft des Glaubens erfährt eine direkte und besondere Anwendung bei der magnetischen Tätigkeit. Bei ihr wirkt der Mensch auf das Fluidum, eine universelle Substanz; er verändert dessen Eigenschaften und gibt ihm sozusagen einen unwiderstehlichen Impuls. Deshalb kann derjenige, der eine große normale fluidale Kraft mit einem brennenden Glauben verbindet, allein durch seinen auf das Gute gelenkten Willen, diese seltsamen Phänomene der Heilung und auch anderer Art herbeiführen, die früher als Wunder angesehen wurden, die aber nichts anderes als die Folgen eines Naturgesetzes sind. Dies ist der Grund, warum Jesus zu seinen Aposteln sagte: „Wenn ihr nicht geheilt habt, dann deshalb, weil ihr keinen Glauben hattet“.

Der religiöse Glaube. Bedingungen des unerschütterlichen Glaubens

6. Aus religiöser Sicht ist der Glaube das Vertrauen in besondere Dogmen, welche die verschiedenen Religionen gebildet haben. Alle Religionen haben ihre Glaubenssätze. Unter diesem Aspekt kann der Glaube wohlüberlegt oder blind sein. Der blinde Glaube prüft nichts und nimmt ohne Kontrolle das Falsche als das Wahre an. Er stößt bei jedem Schritt gegen die Klarheit und die Vernunft, und bis zum Exzess getrieben, führt er zum Fanatismus. Beruht der Glaube auf Irrtümern, wird er früher oder später scheitern, denn nur der Glaube, der die Wahrheit als Basis hat, ist der einzige, der eine sichere Zukunft hat, weil er sich vor dem Fortschritt der Kenntnisse nicht fürchtet, denn was in der Dunkelheit wahr ist, ist es auch im Licht. Jede Religion beansprucht, allein im Besitz der Wahrheit zu sein; den blinden Glauben über einen Punkt des Glaubens zu befürworten, bedeutet, seine Unfähigkeit zu bekennen, beweisen zu können, dass man Recht hat.

7. Im Volksmund heißt es, dass man den Glauben nicht erzwingen kann; daher sagen viele Leute, dass es nicht ihre Schuld ist, wenn sie keinen Glauben haben. Zweifellos kann man den Glauben nicht erzwingen, und was noch richtiger ist: der Glaube drängt sich nicht auf. Nein, man kann ihn nicht erzwingen, aber er kann erworben werden, und es gibt niemanden, dem es vorenthalten ist, ihn zu besitzen, auch nicht den Unzugänglichsten. Wir sprechen über die grundlegende geistige Wahrheit und nicht über diesen und jenen besonderen Glauben. Es obliegt nicht dem Glauben, den Menschen entgegenzugehen, sondern sie sind es, die ihm entgegengehen sollen, und wenn sie ihn mit Aufrichtigkeit suchen würden, fänden sie ihn. Seid euch sicher, dass diejenigen, die sagen: „Wir wünschen uns nichts mehr als zu glauben, aber wir können es nicht“, mit den Lippen sprechen und nicht aus dem Herzen, weil sie, während sie das sagen, sich die Ohren zuhalten. Die Beweise aber sind um sie herum reichlich vorhanden. Warum weigern sie sich, diese zu sehen? Bei einigen ist es die Gleichgültigkeit, bei anderen die Angst gezwungen zu werden, ihre Gewohnheiten ändern zu müssen; und bei der Mehrheit ist es der Hochmut, der es ablehnt, eine höhere Macht anzuerkennen, weil sie sich vor ihr beugen müssten.

Bei einigen Menschen scheint der Glaube irgendwie angeboren zu sein; ein Funke reicht, um ihn zu entwickeln. Diese Leichtigkeit, die geistige Wahrheit in sich aufzunehmen, ist ein deutliches Zeichen des früheren Fortschritts. Andere nehmen sie im Gegensatz dazu nur mit großen Schwierigkeiten in sich auf, kein weniger deutliches Zeichen einer rückständigen Natur. Die erstgenannten haben schon geglaubt und verstanden. Sie bringen bei der Wiedergeburt die Intuition von dem mit sich, was sie schon wissen; ihre Erziehung ist bereits abgeschlossen. Die zweitgenannten müssen noch alles lernen; ihre Erziehung liegt noch vor ihnen; sie wird stattfinden, und wenn sie nicht in dieser Existenz vollendet wird, so wird es in einer andern sein.

Der Widerstand des Ungläubigen liegt zugegebenermaßen oft weniger an ihm selbst, sondern an der Art und Weise, wie man ihm die Dinge aufgezeigt hat. Der Glaube braucht eine Basis, und diese Basis ist das vollkommene Verstehen dessen, was man glauben soll. Um zu glauben genügt es nicht zu sehen, es ist vor allem notwendig zu verstehen. Der blinde Glaube gehört nicht mehr diesem Jahrhundert an; also, genau das Dogma des blinden Glaubens ist es, das heute die Mehrheit zu Ungläubigen macht, weil es sich aufdrängen möchte und den Verzicht auf eins der wertvollsten Vorrechte des Menschen verlangt: das logische Denken und den freien Willen. Es ist insbesondere dieser blinde Glauben, gegen den sich der Ungläubige auflehnt und man kann mit Recht sagen kann, dass man den Glauben nicht erzwingen kann. Da dieser Glaube keinen Beweis akzeptiert, hinterlässt er im Geist eine Leere, aus der Zweifel entstehen. Der wohlbegründete Glaube, der sich auf Fakten und Logik stützt, hinterlässt keine Unklarheit. Man glaubt, weil man sich sicher ist, und man ist sich nur sicher, wenn man verstanden hat. Deshalb wankt er nicht; denn nur jener Glaube ist unerschütterlich, der zu allen Zeiten der Menschheit der Vernunft von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten kann.

Der Spiritismus führt uns zu diesem Ergebnis und besiegt daher die Ungläubigkeit immer dann, wenn er auf keinen systematischen und hartnäckigen Widerstand trifft.

Das Gleichnis vom verdorrten Feigenbaum

8. Als sie Bethanien verließen, bekam Jesus Hunger. – Er sah von ferne einen Feigenbaum und ging hin, um zu sehen, ob Er irgendetwas daran fände. Aber als Er zu ihm kam, fand Er nichts als Blätter, denn es war nicht die Zeit der Feigen. – Dann sprach Jesus zu dem Feigenbaum: „Niemand soll eine Frucht von dir essen!“ Das hörten Seine Jünger. Und als sie am nächsten Tag vorbeigingen, sahen sie den Feigenbaum, verdorrt bis zu den Wurzeln. Da fiel Petrus ein, was Jesus gesagt hatte und sagte: „Meister, sieh, wie der Feigenbaum, den Du verflucht hast, verdorrt ist.“ – Da ergriff Jesus das Wort und sprach zu ihnen: „Habt Glauben an Gott! Wahrlich, ich sage euch: Wer zu diesem Berg sagt: ‚Heb dich hinweg von hier und wirf dich ins Meer!‘, und das ohne Zweifel in seinem Herzen, sondern fest daran glaubend, dass das, was er sagt, geschehen wird, wird sehen, dass dies tatsächlich geschieht.“ (Markus, Kap. XI, 12-14 und 20-23)

9. Der verdorrte Feigenbaum ist das Symbol der Menschen, die nur dem Schein nach gut sind, aber in Wirklichkeit nichts Gutes tun. Er symbolisiert die Redner, die mehr Glanz als Festigheit besitzen; ihre Worte haben nur oberflächlichen Firnis; sie klingen schön in den Ohren, wenn man sie aber erforscht, findet man nichts Wesentliches für das Herz; nachdem man sie gehört hat, fragt man sich, welchen Nutzen man aus diesen Worten entnehmen kann.

Er symbolisiert zudem alle Menschen, die die Mittel haben, um nützlich zu sein, aber es nicht sind; ebenso alle Utopien, alle leeren Systeme, alle Lehren ohne eine solide Basis. Was meistens fehlt, ist der wahre Glaube, der fruchtbare Glaube; der Glaube, der alle Fasern des Herzens bewegt; kurz gesagt, der Glaube, der Berge versetzt. Es sind dicht belaubte Bäume, die jedoch keine Früchte tragen. Daher verdammt Jesus sie zur Unfruchtbarkeit, denn der Tag wird kommen, an dem sie bis hin zu den Wurzeln verdorrt sein werden. Das bedeutet, dass alle Systeme, alle Lehren, die nichts zur Verbesserung der Menschheit beigetragen haben, in ein Nichts zerfallen werden; und dass alle Menschen, die absichtlich nicht nützlich sind, weil sie alle Möglichkeiten, die sich ihnen darboten, nicht in die Tat umgesetzt haben, wie der verdorrte Feigenbaum behandelt werden.

10. Die Medien sind die Dolmetscher der Geistwesen; sie überstellen den Geistern die fehlenden materiellen Organe, die diesen fehlen, um ihre Instruktionen übermitteln zu können; zu diesem Zweck wurden sie mit den dazu nötigen Eigenschaften ausgestattet. In der jetzigen Zeit der sozialen Erneuerung haben sie eine besondere Aufgabe; sie sind Bäume, die ihre Brüder und Schwestern mit geistiger Nahrung versorgen sollen; ihre Anzahl vermehrt sich, denn die Nahrung soll im Überfluss vorhanden sein; man begegnet ihnen überall, in allen Ländern, in allen Gesellschaftsschichten, unter den Reichen und den Armen, unter den Großen und den Kleinen, damit es keinen Benachteiligten gibt und um den Menschen zu beweisen, dass alle gerufen sind. Wenn sie sich aber mit dieser wertvollen Begabung von dem vorgesehenen Ziel entfernen, wenn sie diese für belanglose und schädliche Dinge anwenden, wenn sie diese in den Dienst weltlicher Interessen stellen, wenn sie statt gesunder Früchte, schlechte Früchte geben, wenn sie sich weigern, ihre mediale Begabung zum Wohl der andern zu nutzen, wenn sie diese nicht zur eigenen Verbesserung anwenden, dann sind sie wie der verdorrte Feigenbaum; Gott wird ihnen diese Gabe wegnehmen, die in ihren Händen unnütz geworden ist: den Samen, aus dem sie keine Früchte hervorbringen konnten, und ER wird zulassen, dass diese Medien die Beute der bösen Geister werden.

Unterweisungen der geistigen Welt
Der Glaube: Vater der Hoffnung und Nächstenliebe

11. Um nützlich zu sein, muss der Glaube aktiv sein; er darf nicht gelähmt werden. Der Glaube ist der Vater aller Tugenden, die zu Gott führen, es obliegt ihm, aufmerksam die Entwicklung der Kinder zu beobachten, die aus ihm hervorgehen.

Die Hoffnung und die Nächstenliebe sind Folgen des Glaubens und diese drei Tugenden bilden eine untrennbare Dreiheit. Ist es nicht der Glaube, der uns die Hoffnung gibt, dass die Verheißungen des Herrn in Erfüllung gehen? Wenn ihr keinen Glauben habt, was erwartet ihr? Ist es nicht der Glaube, der die Liebe hervorbringt? Wenn ihr keinen Glauben habt, welche Dankbarkeit und folglich welche Liebe werdet ihr erhalten?

Der Glaube, göttliche Inspiration, erweckt alle edlen Instinkte, die den Menschen zum Guten führen. Der Glaube ist die Basis der Erneuerung. Deswegen ist es notwendig, dass diese Basis stark und dauerhaft ist, denn, was wird aus dem Gebäude, das ihr auf dieser Basis gebaut habt, wenn der leichteste Zweifel sie ins Wanken bringt? Errichtet folglich dieses Gebäude auf soliden Fundamenten; damit euer Glaube stärker ist als Scheinbeweise und das Gespött der Ungläubigen, denn der Glaube, der die Lächerlichkeit der Menschen nicht widersteht, ist kein wahrer Glaube.

Der ehrliche Glaube ist mitreißend und ansteckend; überträgt sich auf die, die ihn nicht hatten oder ihn sogar nicht einmal haben wollten. Der wahre Glaube findet überzeugende Worte, die die Seele berühren, während der Schein-Glaube nur klangvolle Worte benutzt, die die Menschen kalt und gleichgültig lassen. Predigt durch das Beispiel eures Glaubens, um ihn damit den Menschen zu vermitteln; predigt durch das Beispiel eurer Taten, um ihnen den Wert des Glaubens aufzuzeigen; predigt durch eure unerschütterliche Hoffnung, um ihnen das Vertrauen zu zeigen, das stärkt und die Menschen in die Lage versetzt, allen Missgeschicken des Lebens zu trotzen.

Habt also den Glauben an all das, was er in seiner Reinheit und Vernunft an Schönem und Guten beinhaltet. Lasst ihn nicht zu, den unkontrollierten Glauben, das blinde Kind der Verblendung. Liebt Gott, aber wisst, warum ihr IHN liebt. Glaubt an SEINE Verheißung, aber wisst, warum ihr an sie glaubt. Folgt unseren Ratschlägen, aber überzeugt von dem Ziel, das wir euch zeigen, und von den Mitteln, die wir euch geben, um es zu erreichen. Glaubt und hofft, ohne jemals nachzulassen: Wunder sind Werke des Glaubens. (Joseph, Schutzgeist. Bordeaux, 1862)

Der göttliche und der menschliche Glaube

12. Der Glaube im Menschen ist das angeborene Gefühl seines zukünftigen Schicksals; es ist das Bewusstsein der unermesslichen Fähigkeiten, deren Keim in seinem Inneren angelegt wurde, anfangs im latenten Zustand, und den er durch seinen aktiven Willen zum Sprießen bringen und wachsen lassen muss.

Bis heute wurde der Glaube nur unter einem religiösen Aspekt verstanden, weil Christus ihn als einen mächtigen Hebel gepriesen hat, und weil man Christus nur als Führer einer Religion angesehen hat. Aber Christus, der wahre Wunder bewirkte, zeigte eben durch diese Wunder, was der Mensch kann, wenn er glaubt, d.h. den Wunsch des Wollens und die Gewissheit zu haben, dass dieser Willen sich erfüllen kann. Die Apostel zum Beispiel, haben sie nicht auch Wunder vollbracht? Waren diese Wunder denn etwas anderes als eine natürliche Auswirkung, deren Ursache bei den Menschen der damaligen Zeit unbekannt war, die man heute aber zum größten Teil erklären und durch das Studium des Spiritismus und des Magnetismus vollständig verstehen kann?

Der Glaube ist menschlich oder göttlich, je nachdem wie der Mensch seine Fähigkeiten für irdische Bedürfnisse oder für sein himmlisches und zukünftiges Streben anwendet. Der begabte Mensch, der nach der Verwirklichung irgendeiner großen Aufgabe strebt, ist erfolgreich, wenn er den Glauben hat, weil er in sich selbst spürt, dass er es kann und es schaffen wird, und diese Sicherheit gibt ihm eine unermessliche Kraft. Der gute Mensch, der an seine himmlische Zukunft glaubt, möchte sein Leben mit edlen und schönen Taten füllen, er schöpft aus seinem Glauben, aus der Gewissheit des Glücks, das ihn erwarten wird, die notwendige Kraft und daraus ergeben sich auch die Wunder der Nächstenliebe, der Hingabe und der Selbstlosigkeit. Und schließlich gibt es keine negativen Neigungen, die man nicht mit dem Glauben besiegen könnte.

Der Magnetismus ist einer der größten Beweise der Verwirklichung der Macht des Glaubens. Durch den Glauben heilt er und bewirkt eigenartige Phänomene, die damals als Wunder bezeichnet wurden.

Ich wiederhole: Der Glaube ist menschlich und göttlich; wenn alle Inkarnierten von der Kraft, die sie in sich haben, überzeugt wären, und wenn sie ihren Willen in den Dienst dieser Kraft stellen würden, dann wären sie in der Lage, das zu realisieren, was man bis heute noch als Wunder bezeichnet, was aber nichts anderes ist, als die Entwicklung der menschlichen Fähigkeiten. (Ein Schutzgeist, Paris, 1863)