DAS EVANGELIUM AUS DER SICHT DES SPIRITISMUS

Allan Kardec

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KAPITEL XXVII
Bittet und ihr werdet erhalten

• Eigenschaften des Gebets • Wirksamkeit des Gebets • Wirkung des Gebets / Gedankenübertragung • Verständliche Gebete • Gebet für die Verstorbenen und für die leidende Geister • Unterweisungen der geistigen Welt: Die Art zu beten; Glück durch das Gebet.

Eigenschaften des Gebets

1. „Wenn ihr betet, seid nicht den Heuchlern ähnlich, die gern im Stehen in den Synagogen und an den Ecken der Straßen beten, damit sie von den Menschen gesehen werden. – Wahrlich, ich sage euch, dass sie schon ihren Lohn bekommen haben. – Wenn ihr beten möchtet, geht in euer Kämmerlein, schließt die Tür und betet zu eurem Vater; der im Verborgenen ist, und euer Vater, der auch das Verborgene sieht, wird euch die belohnen.

Verwendet nicht so viele Bitten bei euren Gebeten, wie es die Heiden machen, denn sie meinen, dass sie erhört werden, wenn sie viele Worte machen. Seid ihnen darin nicht gleich; denn euer Vater kennt eure Bedürfnisse, schon ehe ihr ihn darum bittet.“ (Matthäus, Kap. VI, 5-8)

2. „Wenn ihr euch zum Beten bereit macht, falls ihr etwas gegen jemanden habt, so vergebt, damit auch euer Vater im Himmel euch eure Verfehlungen vergibt. Wenn ihr aber nicht vergebt, wird auch euer Vater im Himmel eure Verfehlungen nicht vergeben.“ (Markus, Kap. XI, 25-26)

3. Er sagte aber auch zu einigen, die sich selbst für gerecht hielten und die anderen verachteten, dieses Gleichnis:

„Zwei Menschen gingen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine war ein Pharisäer und der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stand vorne und betete so: , Mein Gott, ich danke DIR, dass ich nicht so bin wie die anderen Menschen, die Räuber, die Ungerechten, die Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner hier. Ich faste zweimal in der Woche, ich gebe den Zehnten von meinem ganzen Einkommen.‘

Der Zöllner stand abseits und wagte nicht einmal seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an seine Brust und sprach: ‚Mein Gott, sei gnädig mit mir, denn ich bin ein Sünder.‘

Ich sage euch, dass dieser gerechtfertigt in sein Haus zurückging, und nicht der andere; denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden und wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ (Lukas, Kap, XVIII, V. 9-14)

4. Jesus hat ganz klar die Eigenschaften des Gebets definiert. Wenn ihr betet, sagte ER, stellt euch nicht zur Schau, sondern betet im Verborgenen. Täuscht nicht vor, viel zu beten, denn ihr werdet nicht wegen der Vielfältigkeit der Worte erhört, sondern wegen ihrer Ehrlichkeit. Bevor ihr betet, wenn ihr irgendetwas gegen jemanden habt, vergebt ihm, denn das Gebet kann Gott nicht gefallen, wenn es nicht aus einem Herzen hervorgeht, das von allen Gefühlen gereinigt ist, die der Nächstenliebe widrig sind. Betet also demütig wie der Zöllner und nicht hochmütig wie der Pharisäer. Prüft eure Fehler und nicht eure Tugenden; und wenn ihr euch mit den anderen vergleicht, sucht, was in euch Böses ist. (Siehe Kap. X, Nr. 7 und 8)

Wirksamkeit des Gebets

5. Alles, um was ihr beim Beten bittet, glaubt daran, dass ihr es empfangen werdet, und es wird euch zuteilwerden, um was ihr gebeten habt. (Markus, Kap. XI, 24)

6. Es gibt Menschen, die die Wirksamkeit des Gebets bestreiten und dies damit begründen, dass es unnötig sei, Gott unsere Bedürfnisse darzulegen, weil ER sie kennt. Sie fügen außerdem hinzu, dass unsere Wünsche den Willen Gottes nicht verändern können, da alles im Universum durch ewige Gesetze bestimmt wird.

Ohne Zweifel gibt es natürliche und unveränderliche Gesetze, die Gott nicht nach dem Willen eines jeden aufheben kann. Aber daraus zu schließen, dass alle Umstände des Lebens dem Schicksal unterworfen sind, ist weit gefehlt. Wenn es so wäre, wäre der Mensch nichts anderes als ein passives Instrument, ohne freien Willen und ohne Initiative. Nach dieser Hypothese würde ihm nur obliegen, seinen Kopf vor dem Joch der Ereignisse zu beugen, ohne zu versuchen sie zu vermeiden; er würde nicht versuchen, den Gefahren auszuweichen. Gott hat ihm nicht Vernunft und Intelligenz verliehen, um sie ungenutzt zu lassen; die Kraft des Willens, um nicht zu wollen; die Möglichkeit der Eigeninitiative, um untätig zu bleiben. Indem der Mensch frei ist zu handeln, sowohl in der einen als auch in der anderen Richtung, haben seine Handlungen für ihn selber und auch für die anderen Konsequenzen, die von dem, was er macht oder nicht macht, abhängig sind. Es gibt also aufgrund seiner Initiative Ereignisse, die zwangsläufig dem Schicksal entgehen und die Harmonie der universellen Gesetze nicht zerstören, ebenso wie das Vor- und Nachgehen des Zeigers einer Uhr das Gesetz der Bewegung nicht zerstört, auf das sich der Mechanismus stützt. Gott kann daher bestimmte Bitten erfüllen, ohne die Unveränderlichkeit der Gesetze aufzuheben, die die Gesamtheit regulieren; ihre Erfüllung bleibt immer seinem Willen unterworfen.

7. Es wäre unlogisch aus diesem Grundsatz: „Was ihr durch das Gebet erbittet, wird euch gegeben“ zu schließen, dass es genügt, um etwas zu bitten, um es zu erhalten. Es wäre auch nicht richtig, die Vorsehung anzuklagen, wenn nicht alle Wünsche, die man an sie richtet, erfüllt werden, weil sie besser weiß als wir, was gut für unser Wohl ist. Es ist wie bei einem weisen Vater, der dem Sohn das verweigert, was seinen Interessen schädlich ist. Im Allgemeinen sieht der Mensch nur die Gegenwart. Wenn daher das Leiden für sein zukünftiges Leben nützlich ist, wird Gott ihn leiden lassen, wie der Chirurg den Kranken die Schmerzen einer Operation erleiden lässt, die ihm Heilung bringen soll.

Was Gott ihm immer gewähren wird, wenn er voller Vertrauen darum bittet, ist Mut, Geduld und Ergebenheit. ER wird ihm auch die Mittel geben, aus sich selbst heraus seine Schwierigkeiten zu überwinden, durch die Gedanken, die die guten Geister ihm eingeben und ER überlässt auf diese Art und Weise ihm das Verdienst seiner Handlung. ER hilft denjenigen, die sich selbst helfen, gemäß dem Grundsatz: „Hilf dir selbst, und dir wird geholfen werden“, und nicht jenen, die alles von fremder Hilfe erwarten, ohne von den eigenen Fähigkeiten Gebrauch zu machen; aber meistens zieht man es vor, durch ein Wunder Hilfe zu erlangen, ohne selbst etwas dafür tun zu müssen. (Kap. XXV, Nr. 1 ff.)

8. Nehmen wir ein Beispiel. Ein Mensch hat sich in der Wüste verirrt. Der Durst quält ihn grauenhaft. Er erleidet einen Schwächeanfall und lässt sich zu Boden fallen. Er fleht Gott an, ihm beizustehen und wartet. Kein Engel kommt, um ihm zu trinken zu bringen. Ein guter Geist gibt ihm unterdessen den Gedanken ein, aufzustehen und einem der Wege zu folgen, die sich vor ihm auftun. Durch eine mechanische Bewegung, indem er alle seine Kräfte sammelt, steht er auf und geht aufs Geratewohl weiter. Als er auf einer Anhöhe anlangt, entdeckt er in der Ferne einen Bach; bei diesem Anblick fasst er wieder Mut. Wenn er gläubig ist, wird er ausrufen: „Danke, mein Gott, für den Gedanken, den du mir eingegeben hast, und für die Kraft, die du mir verliehen hast“. Aber wenn er keinen Glauben hat, wird er sagen: „Was für eine gute Idee hatte ich. Welches Glück hatte ich, den rechten Weg einzuschlagen, statt den linken; manchmal hilft uns der Zufall wirklich! Ich muss mir zu meinem Mut gratulieren und auch dazu, dass ich nicht aufgegeben habe!“

Man wird nun fragen, warum der gute Geist ihm nicht deutlich gesagt hat: „Nimm diesen Weg und an dessen Ende wirst du finden, was du benötigst“. Warum hat er sich nicht gezeigt, um ihn zu führen und ihn bei seinem Schwächeanfall zu unterstützen? Er hätte ihn auf diese Art von der Intervention der Vorsehung überzeugt. Das geschieht erstens so, um ihn zu lehren, dass jeder sich selbst helfen und seine Kräfte gebrauchen soll. Dann stellt Gott durch die Ungewissheit das Vertrauen auf die Probe, das der Mensch IHM schenkt, und die Unterwerfung unter SEINEN Willen. Dieser Mann befand sich in der Situation eines Kindes, das fällt und das schreit, sobald es jemanden sieht und erwartet, dass man ihm hilft aufzustehen. Aber wenn es niemanden sieht, strengt es sich an und steht von selber auf.

Wenn der Engel, der Tobias begleitet hat, ihm gesagt hätte: „Ich bin von Gott gesandt, um dich auf deiner Reise zu führen und dich vor allen Gefahren zu schützen“, hätte Tobias kein Verdienst gehabt; indem er sich auf seinen Begleiter verlassen hätte, brauchte er sogar nicht einmal selber zu denken; deshalb hat sich der Engel erst auf dem Rückweg zu erkennen gegeben.

Wirkung des Gebets / Gedankenübertragung

9. Das Gebet ist eine Anrufung, mittels derer der Mensch – durch den Gedanken – in Verbindung mit dem Wesen tritt, an das er sich richtet. Es kann eine Bitte, einen Dank oder eine Verherrlichung beinhalten. Wir können für uns selbst oder für einen anderen beten, für die Lebenden oder für die Verstorbenen. Die an Gott gerichteten Gebete werden von den Geistern gehört, die damit beauftragt sind, den Willen Gottes auszuführen; jene, die an die guten Geister gerichtet sind, werden an Gott weitergeleitet. Wenn man zu anderen Wesen betet anstatt direkt zu Gott, sind sie nichts anderes als Vermittler oder Fürbitter, denn nichts kann ohne den Willen Gottes geschehen.

10. Der Spiritismus macht die Wirkung des Gebets verständlich, indem er die Art der Übermittlung des Gedankens erklärt, sei es, dass das angerufene Wesen auf unseren Appell hin kommt oder dass es von unseren Gedanken erreicht wird. Um zu verstehen, was unter solchen Umständen geschieht, müssen wir uns vorstellen, dass alle inkarnierten und nicht inkarnierten Wesen in das universelle Fluidum, das das Weltall ausfüllt, eingetaucht sind, so wie wir in dieser Welt uns innerhalb der Atmosphäre befinden. Dieses Fluidum bekommt von dem Willen einen Impuls; es ist der Träger des Gedankens, wie die Luft Träger des Tons ist, aber mit dem Unterschied, dass die Schwingungen der Luft begrenzt sind, während die des universellen Fluidums sich bis ins Unendliche ausdehnen. Wenn daher ein Gedanke an irgendein Wesen gerichtet wird, sei es auf der Erde oder im All, von Inkarnierten an Nichtinkarnierte, oder umgekehrt, bildet sich eine fluidale Strömung von einem zum andern, indem es die Gedanken übermittelt wie die Luft den Ton.

Die Energie der Strömung steht im Verhältnis zu jener des Gedankens und des Willens. Auf diese Weise wird das Gebet von den Geistern überall gehört, wo immer sie sich befinden; so kommunizieren die Geister unter sich, übermitteln uns ihre Eingebungen und so entstehen auch Beziehungen unter voneinander entfernten Inkarnierten.

Diese Erklärung ist vor allem an diejenigen gerichtet, die die Zweckmäßigkeiten des rein mystischen Gebets nicht verstehen können. Sie beabsichtigt nicht das Gebet gegenständlich darzustellen, sondern die Wirkung verständlich machen und zeigen, dass es eine direkte und positive Wirkung haben kann. Es bleibt jedoch dem Willen Gottes untergeordnet, dem höchsten Richter aller Dinge, der allein daraus eine effektive Wirkung entstehen lassen kann.

11. Durch das Gebet erbittet der Mensch den Beistand der guten Geister, die zu ihm kommen, um ihn bei seinen guten Entschlüssen zu unterstützen und ihm gute Gedanken einzugeben. Er gewinnt so die notwendige moralische Kraft, um seine Schwierigkeiten zu überwinden und auf den richtigen Weg zurückzukehren, falls er davon abgekommen ist; und dadurch kann er auch alle Übel von sich abwenden, die er sonst durch die eigenen Fehler auf sich zieht. Ein Mensch z.B. sieht durch Exzesse seine Gesundheit ruiniert und bis ans Ende seiner Tage verbringt er ein Leben voller Leiden. Hat er das Recht sich zu beschweren, wenn er keine Heilung bekommt? Nein, denn er hätte durch das Gebet die Kraft finden können, den Versuchungen zu widerstehen.

12. Wenn wir das Elend des Lebens in zwei Kategorien einteilen, indem eine Kategorie jene ist, die der Mensch nicht vermeiden kann und die andere die Drangsale sind, die er selbst durch seine Nachlässigkeiten und seine Exzesse verursacht hat (Siehe Kapitel V, Nr. 4), dann werden wir sehen, dass diese letzte Kategorie zahlenmäßig die erste bei weitem übertrifft. Es wird daher deutlich, dass der Mensch selbst der Verursacher des größten Teils seiner Bekümmernisse ist, und dass er sich diese ersparen könnte, wenn er immer mit Weisheit und Vorsicht handeln würde.

Nicht weniger sicher ist auch, dass diese Leiden das Ergebnis unserer Verstöße gegen die Gesetze Gottes sind und dass wir vollkommen glücklich sein könnten, wenn wir diese Gesetze genau beachten würden. Falls wir die Grenzen des Notwendigen für die Befriedigung unserer Bedürfnisse nicht überschreiten würden, hätten wir nicht die Krankheiten, die die Folge der Exzesse sind und würden auch nicht die Schicksalsschläge des Lebens erleiden, die diese Krankheiten nach sich ziehen. Falls wir unseren Ambitionen Grenzen setzen würden, brauchten wir den Ruin nicht zu fürchten. Falls wir nicht höher steigen wollten als wir können, brauchten wir den Fall nicht zu befürchten. Falls wir demütig wären, müssten wir die Enttäuschungen des erniedrigten Hochmuts nicht erleiden. Falls wir das Gesetz der Nächstenliebe anwenden würden, wären wir weder verleumderisch noch neidisch noch eifersüchtig, und wir würden Streit und Zwistigkeiten vermeiden. Falls wir niemandem etwas zuleide tun würden, brauchen wir auch keine Rache zu fürchten, etc.

Nehmen wir an, dass der Mensch gar nichts gegen die anderen Leiden tun könnte, dass jegliche Gebete überflüssig wären, um sich davor zu hüten; wäre es nicht schon sehr viel, von jenen befreit zu werden, die aus dem eigenen Verhalten entstanden sind? In diesem Fall ist eine Wirkung des Gebets leicht vorstellbar, weil es bezweckt, die heilsame Inspiration der guten Geister zu erbitten, sie um die notwendige Kraft zu bitten, um den schlechten Gedanken Widerstand leisten zu können, die sehr verhängnisvoll für uns sein können, wenn wir sie ausführen. In diesem Fall ist es nicht das Böse, das sie abwenden, sondern sie lenken uns selbst von bösen Gedanken ab, die Schaden zufügen können. Sie beeinträchtigen keinesfalls die Pläne Gottes, sie heben auch nicht den Lauf der Naturgesetze auf, sondern sie hindern uns daran, diese Gesetze zu übertreten, indem sie unseren freien Willen lenken. Sie tun das, ohne dass wir es merken, auf eine verborgene Art, um unseren freien Willen nicht zu unterdrücken. Der Mensch befindet sich dann in der Position desjenigen, der die guten Ratschläge erbittet und sie in die Praxis umsetzt, stets aber die Freiheit behält, sie zu befolgen oder nicht. Gott möchte es so, damit er die Verantwortung für seine Handlungen trägt und somit auch das Verdienst seiner Wahl zwischen Gutem und Bösem. Dies ist es, was der Mensch immer bekommen wird, wenn er mit Inbrunst darum bittet und worauf man diese Worte anwenden kann: „Bittet und ihr werdet erhalten“.

Die Wirksamkeit des Gebets, selbst wenn es auf dieses Maß reduziert wäre, hätte es nicht ein überragendes Ergebnis? Es war dem Spiritismus vorbehalten, uns seine Wirkung durch die Enthüllung der Beziehungen zu beweisen, die zwischen der physischen und geistigen Welt existieren. Aber seine Wirkung beschränkt sich nicht allein darauf.

Das Gebet wird von allen Geistern empfohlen. Auf das Gebet zu verzichten, bedeutet die Güte Gottes zu verkennen; das heißt, für sich selbst auf SEINEN Beistand zu verzichten und für die andern auf das Gute, das man für sie tun könnte.

13. Indem Gott einer Bitte stattgibt, die man an IHN richtet, hat ER oft vor, die Absicht, die Aufopferung und den Glauben desjenigen, der betet, zu belohnen. Deshalb ist das Gebet eines guten Menschen verdienst- und wirkungsvoller in den Augen Gottes, als das der schlechten und bösen Menschen, die nicht mit der gleichen Inbrunst und dem Vertrauen beten können, da dies nur aus dem Gefühl der wahren Barmherzigkeit entstehen kann. Aus dem Herzen des Egoisten, also von demjenigen, der nur mit den Lippen betet, können nur Worte kommen, aber keine Signale von Nächstenliebe, die dem Gebet seine ganze Kraft geben. Das ist einem so verständlich, dass man es instinktiv vorzieht, sich der Fürbitte derjenigen zu empfehlen, bei denen man erkennt, dass ihr Verhalten Gott zu gefallen scheint, weil sie eher erhört werden.

14. Wenn das Gebet eine Art magnetische Wirkung ausübt, könnte man glauben, dass sein Effekt der fluidalen Kraft untergeordnet ist, aber so ist es nicht. Da die Geister diese Wirkung auf die Menschen ausüben, ergänzen sie, wenn nötig, die Unzulänglichkeit desjenigen, der betet, sei es durch eine direkte Handlung in seinem Namen oder indem sie ihm vorübergehend eine außergewöhnliche Kraft verleihen, wenn er für diese Wohltat für würdig gehalten wird oder wenn dies ihm nützlich sein kann.

Der Mensch, der sich für nicht gut genug hält, um einen heilsamen Einfluss auszuüben, darf deswegen nicht darauf verzichten, für andere zu beten, nur weil er denkt, nicht würdig zu sein, erhört zu werden. Seiner Unwürdigkeit bewusst zu sein ist ein Anzeichen von Demut, und dies ist Gott immer angenehm, der die barmherzige Absicht in Betracht zieht, die den Menschen zum Beten anregt. Sein Eifer und sein Vertrauen sind ein erster Schritt in Richtung Umkehr zum Guten, zu dem die guten Geister ihn gern ermuntern. Das Gebet, das abgelehnt wird, ist jenes des Hochmütigen, der nur an seine Macht und seine Verdienste glaubt, und meint, sich über den Willen des Ewigen hinwegsetzen zu können.

15. Die Kraft des Gebets liegt im Gedanken; sie hängt weder von den Worten noch von dem Ort noch von dem Moment, in dem es gesprochen wird, ab. Man kann also überall beten und zu jeder Stunde, allein oder zusammen. Der Einfluss des Ortes oder der Zeit hängt von den Umständen ab, die die Zurückgezogenheit begünstigen können. Das gemeinsame Gebet hat eine stärkere Wirkung, wenn alle, die es sprechen, sich aus dem Herzen heraus mit demselben Gedanken verbinden und das gleiche Ziel haben, dann ist es so, als ob viele zusammen und einstimmig rufen würden. Aber was bedeutet es schon, in einer großen Anzahl von Menschen versammelt zu sein, wenn jeder isoliert und in eigenem Interesse handelt? Hunderte Personen können zusammen wie Egoisten beten, während zwei oder drei, verbunden durch das gleiche Streben, wie Brüder und Schwestern vor Gott beten werden und ihr Gebet wird mehr Kraft haben als das der hundert anderen. (Kap. XXVIII, Nr. 4 und 5)

Verständliche Gebete

16. Wenn ich nun die Bedeutung der Worte nicht verstehe, werde ich für denjenigen, zu dem ich spreche, ein Barbar sein; und derjenige, der zu mir spricht, wird für mich ein Barbar sein. – Wenn ich in einer Sprache bete, die ich nicht verstehe, so betet mein Herz, mein Verstand aber bringt keine Frucht. – Wenn du Gott nur mit dem Herzen preist, wie kann ein Mensch unter denjenigen, die nur ihre eigene Sprache verstehen, das Amen zu deiner Danksagung sprechen, da er nicht versteht, was du sagst? – Es bedeutet nicht, dass deine Danksagung nicht gut war, sie wirkt aber nicht erbaulich auf die anderen. (1. Korintherbrief, XIV, 11, 14, 16-17)

17. Das Gebet hat nur den Wert des mit ihm verbundenen Gedankens. Es ist daher unmöglich, irgendeinen Gedanken mit etwas zu verbinden, das man nicht versteht, denn, was man nicht versteht, kann das Herz nicht berühren. Für die Mehrheit der Menschen sind die Gebete in einer unverständlichen Sprache nichts anderes als eine Sammlung von Worten, die den Geist nicht ansprechen. Damit ein Gebet das Herz berührt, ist es notwendig, dass jedes Wort eine Idee hervorruft, wenn wir es aber nicht verstehen, kann es keine hervorrufen. Man kann es als eine einfache Formel wiederholen, was eine mehr oder weniger große Wirksamkeit hat, je öfter es wiederholt wird. Viele beten aus einem Pflichtgefühl heraus; einige sogar nur, um den Gebräuchen Genüge zu leisten. Deshalb glauben sie auch, ihrer Pflicht nachgekommen zu sein, wenn sie ihre Gebete in einer vorgesehenen Anzahl und in einer bestimmten Reihenfolge wiederholt haben. Gott liest in der Tiefe unseres Herzens. ER sieht den Gedanken und die Aufrichtigkeit und man würde IHN erniedrigen, wenn man glaubte, dass ER der Form gegenüber empfänglicher sei, als dem zugrunde liegenden Gedanken.

Das Gebet für die Verstorbenen und für die leidenden Geister

18. Die leidenden Geister bitten um Gebete; und diese sind ihnen hilfreich, denn wenn sie bemerken, dass man an sie denkt, fühlen sie sich weniger verlassen und sind weniger unglücklich. Aber das Gebet hat auf sie noch eine unmittelbarere Wirkung: Es stärkt ihren Mut, erweckt in ihnen den Wunsch sich durch Reue und Wiedergutmachung zu verbessern, und es kann sie von den bösen Gedanken ablenken. In diesem Sinn kann das Gebet ihre Leiden nicht nur erleichtern, sondern auch verkürzen. (Siehe „Himmel und Hölle“, zweiter Teil: Beispiele).

19. Gewisse Menschen akzeptieren das Gebet für die Verstorbenen nicht, denn gemäß ihrem Glauben hat die Seele nur zwei Alternativen: gerettet zu werden oder zu ewigem Leiden verdammt zu werden, und somit ist für sie das Gebet sowohl in dem einen wie in dem andern Fall nutzlos. Ohne über den Wert dieses Glaubens zu diskutieren, wollen wir für einen Augenblick die Tatsache der ewigen und unverzeihlichen Leiden akzeptieren, und ebenso, dass unseren Gebeten die Macht fehlt, um sie zu beenden. Wir fragen dann, ob es bei dieser Hypothese logisch, barmherzig und christlich ist, das Gebet für die Verdammten zu verweigern? Wären dann diese Gebete, wenn ihnen schon die Macht fehlt, um sie zu befreien, nicht zumindest ein Beweis des Mitgefühls, der ihre Leiden lindern kann? Wenn ein Mensch auf Erden zu einer lebenslänglichen Strafe verurteilt ist, selbst wenn es keine Hoffnung gibt, seine Begnadigung zu erwirken, ist es einem barmherzigen Menschen deshalb verboten, seine Ketten zu tragen, um ihm seine Last zu erleichtern? Wenn irgendjemand von einer unheilbaren Krankheit befallen ist, soll man ihn ohne irgendeine Linderung lassen, nur weil es keine Hoffnung auf Heilung gibt? Denkt daran, dass unter den Verdammten eine Person sein kann, die euch lieb ist, ein Freund, vielleicht auch ein Vater, eine Mutter oder ein Sohn, und weil nach eurer Meinung diese Personen nicht begnadigt werden können, wollt ihr ihnen deshalb ein Glas Wasser verweigern, das ihren Durst zu löschen vermag oder einen Balsam, um ihre Wunden zu trocknen? Würdet ihr nicht für sie tun, was ihr für einen Gefangenen tun würdet? Würdet ihr ihnen nicht einen Beweis der Liebe, des Trostes geben? Nein, dies wäre nicht christlich. Ein Glaube, der das Herz verhärtet, ist nicht mit dem Glauben an einen Gott vereinbar, der die Liebe zum Nächsten an die erste Stelle der Pflichten stellt!

Auch wenn es keine ewig dauernden Leiden gibt, bedeutet dies nicht die Verneinung einer vorübergehenden Strafe, denn Gott in SEINER Gerechtigkeit verwechselt nicht das Gute mit dem Bösen. In diesem Fall die Wirksamkeit des Gebets zu leugnen, würde bedeuten, die Wirksamkeit des Trostes, der Ermutigungen und der guten Ratschläge zu leugnen; das hieße, die Kraft zu verleugnen, die man aus der moralischen Hilfe derer schöpft, die uns Gutes wollen.

20. Andere stützen sich auf ein noch trügerischeres Scheinargument: Die Unveränderlichkeit der göttlichen Verordnungen. Gott, sagen diese, kann SEINE Entscheidungen nicht entsprechend der Bitte SEINER Geschöpfe verändern, denn sonst wäre nichts auf der Welt dauerhaft. Der Mensch habe daher Gott um nichts zu bitten, er soll sich IHM nur unterwerfen und IHN anbeten.

Es gibt bei dieser Denkweise eine falsche Anwendung der Unveränderlichkeit des göttlichen Gesetzes oder besser gesagt, eine Unkenntnis des Gesetzes hinsichtlich der zukünftigen Strafen. Dieses Gesetz wurde von den Geistern des Herrn offenbart, heute wo der Mensch reif genug ist, um verstehen zu können, was im Glauben übereinstimmend oder gegensätzlich zu den göttlichen Eigenschaften ist.

Gemäß dem Dogma der absoluten Ewigkeit der Strafen werden weder Reue noch Gewissensbisse bei dem Schuldigen berücksichtigt. Für ihn ist jeglicher Wunsch nach Verbesserung sinnlos; er ist dazu verdammt, auf alle Ewigkeit in dem Übel zu verweilen. Falls er aber nur auf eine bestimmte Dauer verurteilt wurde, wird seine Strafe nach Ablauf der festgelegten Zeit enden. Aber wer kann sagen, dass er dann zu einer besseren Gesinnung gekommen ist? Wer kann am Beispiel von vielen Verurteilten auf dieser Erde zum Zeitpunkt der Entlassung aus dem Gefängnis sagen, dass sie nicht ebenso schlecht sind, wie vorher? Im ersten Fall würde es bedeuten, einen gut gewordenen Menschen im Schmerz der Bestrafung zu belassen, im zweiten Fall, den schuldig gebliebenen zu begnadigen. Das Gesetz Gottes ist weitsichtiger; immer gerecht, angemessen und barmherzig, legt es bei keiner Strafe eine Zeitspanne fest. Es kann wie folgt zusammengefasst werden:

21. „Der Mensch erleidet immer die Folgen seiner Verfehlungen. Es gibt keine einzige Übertretung gegenüber den Gesetzen Gottes, die nicht geahndet würde.“

„Die Härte der Strafe ist der Schwere der Verfehlung angemessen.“

„Die Bestrafung für einen Verstoß ist zeitlich nicht begrenzt und hängt von der Reumütigkeit des Schuldigen und seiner Rückkehr zum Guten ab. Die Strafe dauert solange an, wie das hartnäckige Verharren im Bösen; sie wäre unaufhörlich, wenn das hartnäckige Verharren unaufhörlich wäre und sie ist nur von kurzer Dauer, wenn die Reue schnell gezeigt wird.“

„Sobald der Schuldige nach Erbarmen ruft, erhört Gott ihn und erweckt Hoffnung in ihm. Aber das Böse nur zu bereuen, genügt nicht: Die Wiedergutmachung ist notwendig; deshalb wird der Schuldige weiteren Prüfungen unterzogen, bei denen er, immer aufgrund seines eigenen Willens, das Gute tun kann, als Wiedergutmachung für das Böse, das er getan hat.“

„Der Mensch ist somit ständig der Schiedsrichter seines eigenen Schicksals; er kann seine Qual verkürzen oder sie endlos verlängern. Sein Glück oder Unglück hängt von seinem Willen ab, Gutes zu tun.“

Das ist das Gesetz; es ist ein unveränderliches Gesetz und der Güte und der Gerechtigkeit Gottes entsprechend.

Der schuldige und unglückliche Geist kann sich auf diese Weise immer selbst retten: Das Gesetz Gottes sagt ihm, zu welchen Bedingungen er dies tun kann. Was ihm meistens fehlt, ist der Wille, die Kraft, der Mut. Wenn wir durch unsere Gebete seinen Willen stärken, wenn wir ihn stützen und ihn ermutigen, wenn wir ihm mit unseren Ratschlägen die ihm fehlenden Kenntnisse geben, anstatt Gott darum zu bitten, dass ER SEIN Gesetz verändert, werden wir zu Instrumenten der Ausführung SEINES Gesetzes der Liebe und der Wohltätigkeit, ER erlaubt uns auf diese Weise daran teilzunehmen, indem wir selbst einen Beweis der Nächstenliebe geben. (Siehe „Himmel und Hölle“, erster Teil, Kapitel IV, VII und VIII)

Unterweisungen der geistigen Welt
Die Art zu beten

22. Die erste Pflicht aller Menschen, die erste Tat, die ihre Rückkehr zum täglichen aktiven Leben signalisieren soll, ist das Gebet. Ihr betet fast alle, aber wie wenige wissen, wie man beten soll! Was bedeuten Gott die Worte, die ihr eins nach dem andern mechanisch sprecht, weil ihr daran gewöhnt seid und weil es eine Pflicht ist, die ihr erfüllen müsst und die euch - wie jede Pflicht - schwer fällt.

Das Gebet eines Christen, eines Spiritisten, egal, welcher Religion er zugehört, soll von ihm dann gesprochen werden, sobald der Geist das Joch des physischen Körpers wieder aufgenommen hat. Es soll sich demütig zu den Füßen der göttlichen Majestät erheben, mit Gedankentiefe, aus einem Impuls der Dankbarkeit für alle bis jetzt empfangenen Wohltaten. Aus Dankbarkeit für die vergangene Nacht, während der es euch - wenn auch unbewusst - erlaubt wurde, zurückzukehren zu euren Freunden, euren Geistführern, um bei diesem Kontakt neue Kraft und mehr Beharrlichkeit zu schöpfen. Euer Gebet sollte sich demütig zu den Füßen des Herrn erheben, um IHM eure Schwächen aufzuzeigen, IHN um SEINE Hilfe, SEINE Nachsicht und SEIN Erbarmen zu bitten. Das Gebet sollte tiefsinnig sein, denn es ist die Seele, die sich zum Schöpfer erheben soll, die sich verwandeln soll, wie Christus am Berg Tabor, damit sie weiß und strahlend vor Hoffnung und Liebe bei IHM ankommt.

Euer Gebet soll die Bitte um Gnaden beinhalten, die ihr wirklich benötigt. Es ist daher zwecklos, den Herrn zu bitten, eure Prüfungen zu verkürzen oder euch Freude und Reichtum zu geben. Bittet IHN eher um das wertvolle Vermögen der Geduld, des Verzichts und des Glaubens. Vermeidet zu sagen, wie es viele von euch tun: „Es bringt nichts zu beten, weil Gott mich nicht erhört“. Was ist es, worum ihr Gott am meisten bittet? Habt ihr oft daran gedacht, IHN um eure moralische Verbesserung zu bitten? Oh nein! sehr selten habt ihr darum gebeten. Worum ihr IHN am ehesten zu bitten gedenkt, um Erfolg bei euren irdischen Unternehmungen und sehr oft habt ihr ausgerufen: „Gott kümmert sich nicht um uns; denn wenn ER dies täte, dann gäbe es nicht so viele Ungerechtigkeiten!“ Unvernünftige, undankbare Menschen! Wenn ihr in die Tiefe eures Gewissens eintauchen würdet, fändet ihr dort fast immer den Grund eurer Leiden, über die ihr euch beklagt. Betet vor allem darum, dass ihr besser werdet und ihr werdet sehen, was für eine Flut von Gnade und Trost über euch ausgebreitet wird. (Siehe Kap. V, Nr. 4)

Ihr sollt unaufhörlich beten, ohne euch deshalb in eure Hauskapelle zurückzuziehen oder in der Öffentlichkeit auf die Knie zu fallen. Das tägliche Gebet ist die Erfüllung eurer Pflichten, ohne Ausnahme, egal welcher Natur sie sind. Ist es nicht eine Handlung der Liebe, Gott gegenüber, euren Brüdern und Schwestern bei einer moralischen und physischen Not beizustehen? Ist es nicht ein Akt der Anerkennung, eure Gedanken auf IHN zu lenken, wenn euch ein Glück widerfährt, wenn ein Unglück verhindert wird oder wenn eine Unannehmlichkeit eure Seele auch nur berührt, wenn ihr dann in Gedanken sagt: „Sei gepriesen mein Vater“! Ist dies nicht ein Akt der Reue, euch vor dem höchsten Richter zu erniedrigen, wenn ihr merkt, dass ihr einen Fehler begangen habt - wenn auch nur durch einen flüchtigen Gedanken - und IHM zu sagen: „Verzeih mir, mein Gott, denn ich habe gesündigt (aus Hochmut, Egoismus oder aus Mangel an Nächstenliebe); gib mir die Kraft, damit ich nicht wieder sündige, und den Mut, meine Fehler wieder gutzumachen“?

Dies hängt nicht von den regulären Morgen- und Abendgebeten und von den Gebeten an heiligen Festtagen ab. Wie ihr seht, kann das Gebet ständig und ohne Unterbrechung eurer Arbeit gesprochen werden, im Gegenteil, auf diese Weise heiligt es sogar die Arbeit. Seid euch dessen sicher, dass auch nur einer von diesen Gedanken, wenn er aus dem Herzen kommt, eher von eurem himmlischen Vater erhört wird, als die langen Gebete, die nur aus Gewohnheit gesprochen werden und sehr oft ohne einen bestimmten Grund und nur, weil eine dafür festgelegte Stunde euch mechanisch dazu ruft. (V. Monod, Bordeaux, 1862)

Glückseligkeit durch das Gebet

23. Kommt, die ihr glauben möchtet: die himmlischen Geister kommen, um euch Großartiges zu verkündigen. Gott, meine Kinder, öffnet SEINE Schatzkammer, um euch SEINE Wohltaten zu gewähren. Ungläubige Menschen! Wenn ihr wüsstet, wie der Glaube dem Herzen gut tut und die Seele zur Reue und zum Gebet führt! Das Gebet, ah! wie ergreifend sind die Worte, die aus dem Munde von demjenigen herausströmen, der betet! Das Gebet ist der göttliche Tau, der das zu große Feuer der Leidenschaften löscht. Älteste Tochter des Glaubens, bringt uns auf den Weg, der zu Gott führt. Bei der Andacht und in der Einsamkeit seid ihr mit Gott. Für euch gibt es keine Geheimnisse mehr: Sie werden euch offenbart. Apostel des Denkens, das Leben ist für euch. Eure Seele löst sich von der Materie und durcheilt diese unendlichen und ätherischen Welten, die die armen Menschen verkennen.

Schreitet fort, schreitet über die Wege des Gebets fort und ihr werdet die Stimmen der Engel hören. Was für eine Harmonie! Es ist nicht mehr dieser verwirrte Lärm und sind nicht mehr die gellenden Töne der Erde. Es sind die Leiern der Erzengel. Es sind die sanften und zarten Stimmen der Seraphim, feiner als die morgendlichen Brisen, wenn sie in den Laubbäumen eurer Wälder spielen. Mit welcher Freude schreitet ihr dann fort. Eure Sprache kann dieses Glück nicht ausdrücken, so stark dringt es durch all euere Poren, so lebendig und erquickend ist die Quelle, aus der ihr durch das Gebet trinkt. Sanfte Stimme, berauschende Düfte, die die Seele hört und genießt, wenn sie sich durch das Gebet zu diesen unbekannten und bewohnten Sphären aufschwingt! Ungetrübt von sinnlichen Begierden ist alles Streben göttlich. Betet alle wie Christus, der Sein Kreuz von Golgatha bis zum Kalvarienberg trug; tragt euer Kreuz und ihr werdet die sanften Erregungen spüren, die Seine Seele durchströmten, obwohl Er mit einem entehrenden Holz beladen war. Er ging zum Sterben, jedoch um das himmlische Leben im Haus Seines Vaters zu leben. (Sankt Augustin, Paris, 1861)